In der heutigen Customer-Experience-Landschaft reicht es nicht mehr aus, nur den Net Promoter Score (NPS) zu erheben. Zwar ist der NPS nach wie vor eine weitverbreitete Kennzahl, rund zwei Drittel der Fortune-1000-Unternehmen nutzen ihn, um die Qualität von Kunden- und Mitarbeitererlebnissen zu messen. Doch wenn Unternehmen wirklich verstehen wollen, wie loyal ihre Kunden sind, müssen sie tiefer blicken. Kaufabsicht (die Absicht eines Kunden, erneut zu kaufen) entwickelt sich 2025 zu einem entscheidenden Ergänzungsindikator. Dieser zusätzliche Blickwinkel zeigt, wie wahrscheinlich ein Kunde tatsächlich wieder bei der Marke kaufen wird, unabhängig davon, ob er sie weiterempfiehlt.
Warum NPS allein nicht mehr genügt
Der Net Promoter Score misst vereinfacht die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kunde ein Produkt oder Unternehmen weiterempfiehlt. Das ist ein Indikator für Kundenzufriedenheit und Mundpropaganda, aber er ist nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer konkreten Wiederkauf-Absicht. Studien und Praxisfälle zeigen eine Diskrepanz zwischen geäußerter Weiterempfehlungsbereitschaft und tatsächlichem Kaufverhalten. Mit anderen Worten: Eine hohe Zufriedenheit oder ein hoher NPS bedeutet nicht automatisch, dass Kunden auch treu bleiben. Kritische Stimmen haben längst darauf hingewiesen, dass eine einzelne Kennzahl wie NPS nicht alle Facetten der Kundenloyalität abdeckt. So ergab eine Untersuchung, dass die Empfehlungsfrage allein als Prädiktor für künftiges Kundenverhalten unzureichend ist und Kombinationen mehrerer Faktoren (z.B. Zufriedenheit und Wiederkaufabsicht) deutlich bessere Prognosen ermöglichen. NPS misst vor allem eine Einstellung („Würde ich empfehlen?“) – doch Loyalty spiegelt sich letztlich im Verhalten wider („Würde ich wieder kaufen?“).
Beispiel Telekommunikation: Ein Mobilfunkanbieter misst einen hervorragenden NPS von 72 – viele Kunden würden den Anbieter weiterempfehlen. Dennoch bleibt die Kündigungsrate hoch. Eine zusätzliche Messung der Kaufabsicht bringt zutage, warum: Viele Kunden sind zwar zufrieden, planen aber den Wechsel zu einem günstigeren Wettbewerber. Dieses Phänomen ist in gesättigten Märkten nicht ungewöhnlich – in Europa ziehen je nach Land bis zu 44 % der Telekom-Kunden einen Anbieterwechsel aus Preisgründen in Betracht. Erst durch diese Erkenntnis kann das Unternehmen gezielt gegensteuern, etwa mit Treueangeboten oder Tarifoptimierungen, um abwanderungswillige Kunden doch noch zu halten.
Kaufabsicht: Der fehlende Baustein im CX-Puzzle
Die Kaufabsicht eines Kunden – also seine Bereitschaft, erneut zu kaufen oder einen Vertrag zu verlängern – ergänzt den NPS um eine entscheidende Dimension. Sie gibt Aufschluss darüber, ob ein Kunde tatsächlich plant, wieder bei der Marke einzukaufen, unabhängig davon, ob er das Produkt weiterempfiehlt. Oft wird die Kaufabsicht direkt durch eine Umfragefrage erfasst, zum Beispiel: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie erneut bei uns kaufen werden?“. Viele Unternehmen integrieren diese Frage bereits zusätzlich in ihre NPS-Befragungen, um ein umfassenderes Bild der Kundenloyalität zu erhalten.
Warum ist das so wichtig? Weil Empfehlungsbereitschaft nicht immer gleich Wiederkaufrate bedeutet. Einige Kunden empfehlen zwar ein Produkt begeistert an Freunde weiter, kaufen aber selbst nicht erneut, z.B. wenn ihr Bedarf gedeckt ist oder Konkurrenzangebote attraktiver sind. Umgekehrt gibt es Kunden, die sehr wohl treu wiederkaufen, aber selten aktiv Empfehlungen aussprechen (beispielsweise im B2B-Bereich, wo Weiterempfehlungen weniger üblich sind). Nur wer beide Aspekte – NPS und Wiederkaufsabsicht – betrachtet, bekommt ein vollständiges Bild der Kundenloyalität.
Beispiel E-Commerce: Ein Onlinehändler für Sportartikel erhebt nach jedem Kauf nicht nur den NPS, sondern fragt ergänzend: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie in den nächsten 30 Tagen erneut bei uns kaufen?“ Die anschließende Analyse zeigt klare praktische Auswirkungen: Kunden mit hoher deklarierter Kaufabsicht reagieren besonders gut auf gezielte Produktempfehlungen und personalisierte Rabatte. In der getesteten Kampagne stieg die Conversion-Rate in dieser Gruppe um rund 18 %, während Kunden ohne diese Kaufabsicht-Frage deutlich weniger auf Follow-up-Angebote ansprachen. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie die zusätzliche Information der Kaufabsicht Marketingmaßnahmen effektiver machen kann. (Zur Einordnung: Personalisierung und Treueangebote führen laut Studien häufig zu zweistelligen Umsatzsteigerungen)
Aktuelle Trends 2025: KI-gestützte Insights und Echtzeit-Feedback
Im Jahr 2025 greifen immer mehr Unternehmen auf KI-gestützte Tools zurück, um Kundenerlebnisse in Echtzeit zu verbessern. Diese intelligenten Systeme können Muster in Kundenfeedback, Verhalten und Interaktionen erkennen und dem Management sofortige Handlungsempfehlungen liefern. NPS bleibt ein wichtiger Indikator, wird aber als einer von mehreren Datenpunkten betrachtet. Die Kaufabsicht wird als zusätzlicher Faktor integriert, um präzisere Vorhersagen über das Kundenverhalten zu ermöglichen. Tatsächlich zeigt ein aktueller CX-Report 2025, dass Marken mit exzellenter Customer Experience 86 % ihrer Kunden wahrscheinlich zurückgewinnen (Wiederkauf) und 81 % Weiterempfehlungen erhalten. Beide Kennzahlen, Wiederkaufquote und Weiterempfehlungsquote, steigen also mit besserem Kundenerlebnis, was unterstreicht, dass beide Werte gemeinsam betrachtet werden sollten.
Technologie-Trends unterstützen diese ganzheitliche Sicht. Moderne Predictive-Analytics-Modelle beziehen neben NPS auch Nutzungsdaten, Support-Tickets, Stimmungsanalysen aus Kommentaren und die vom Kunden angegebene Kaufabsicht ein. So lassen sich gefährdete Kunden früh identifizieren.
Beispiel SaaS-Unternehmen: Ein Anbieter von Projektmanagement-Software nutzt KI, um mehrere Datenquellen gemeinsam auszuwerten: NPS-Umfrageantworten, Login- und Nutzungsstatistiken sowie unstrukturierte Feedbacks (z.B. Kommentare aus Support-Tickets). Kunden, bei denen Warnsignale auftreten, etwa nachlassende Nutzung, negative Tonalität in Feedbacks oder eine geringe Wiederkaufsabsicht, werden automatisch auf eine Watchlist für das Retention-Team gesetzt. Dieses Team kontaktiert solche Kunden proaktiv mit maßgeschneiderten Angeboten oder Hilfestellungen. Das Ergebnis: Die Abwanderungsrate (Churn Rate) sinkt innerhalb von sechs Monaten um 12 %. Ein ähnlicher Ansatz wurde in der Telekommunikation berichtet, wo ein Anbieter durch KI-gestützte Mustererkennung gefährdete Kunden identifizierte und mit individuellen Angeboten ansprach – ebenfalls mit rund 12 % weniger Kündigungen als Folge. Diese Erfolge zeigen, wie mächtig die Kombination aus NPS, Kaufabsicht und intelligenten Analysen sein kann, um Kundenverluste zu reduzieren.
Fazit: NPS + Kaufabsicht = zukunftssichere CX-Strategie
Wer 2025 im Wettbewerb bestehen will, sollte mehr tun als nur den NPS verfolgen. Die Kombination aus Net Promoter Score und gemessener Kaufabsicht liefert ein deutlich tieferes Verständnis des Kundenverhaltens. Unternehmen erfahren nicht nur, ob Kunden zufrieden sind und die Marke weiterempfehlen würden, sondern auch, ob sie selbst erneut kaufen würden – eine Information, die direkt auf die Kundenbindung und den Umsatz einzahlt. Mit diesen Insights lassen sich zielgerichtete Maßnahmen ableiten: von speziellen Treueprogrammen für wechselwillige Promotoren bis hin zu personalisierten Angeboten, um unentschlossene Kunden doch zum Wiederkauf zu bewegen. Die Daten stützen diesen Ansatz – mehrere Kennzahlen gemeinsam betrachtet prognostizieren Kundenloyalität besser als ein isolierter Wert.
Praxis-Tipps zur Umsetzung: Unternehmen sollten die Kaufabsicht in regelmäßigen Kundenbefragungen mit erheben (z.B. als feste Zusatzfrage in NPS-Surveys) und die Ergebnisse segmentieren. Kunden mit niedriger Kaufabsicht trotz hohem NPS verdienen besondere Aufmerksamkeit – hier können personalisierte Retention-Maßnahmen (Rabatte, Serviceanrufe, etc.) die Abwanderung verhindern. Gleichzeitig können Kunden mit hoher Kaufabsicht gezielt mit Upselling-Angeboten oder Loyalty-Programmen angesprochen werden. Moderne CX-Plattformen und Analytics-Tools ermöglichen es, NPS und Kaufabsicht in Echtzeit zu verfolgen und mit anderen Datenquellen zu verknüpfen. So entsteht eine zukunftssichere CX-Strategie, die sowohl Weiterempfehlungen als auch Wiederkäufe fördert.